Erschienen in „Servus in Stadt&Land“, Ausgabe November 2016
Fotos: Philip Platzer
Pankraz Schadler aus Kirchbach in der Steiermark hat sich einen Lebenstraum erfüllt. Der gelernte Tischler baut heute Hackbretter. Und weil er auch ein begeisterter Musiker ist, bringt er sie besonders schön zum Klingen.
Ritz-ratz, ritz-ratz, werden die Schalllöcher ins Brett geschnitten. Sie sind nicht einfach kreisrund, sondern stellen Eichenlaub dar oder Weinblätter oder eine Krone. Diese kunstvollen Öffnungen sind freilich nicht bloß als Zierde gedacht, sie sind bedeutend für den Klang und dürfen daher nicht zu groß und nicht zu klein sein. Und im richtigen Abstand zueinander stehen müssen sie auch.
Hackbrett, der Name mag simpel klingen, das Instrument ist aber weit mehr als ein Holzkasten mit Saiten drauf. Es zu bauen verlangt großes Können. Das beginnt bei der Auswahl der Hölzer und endet mit der Herstellung des Schlägels, der den Saiten die zauberhaften Töne entlockt, die so schön nachklingen und die Stubenmusik so unverwechselbar machen.
„Mit dem Hackbrettbau hab ich mir einen Lebenstraum erfüllt“, sagt Pankraz Schadler. Schließlich wollte er schon als Bub Instrumente bauen, wusste aber noch nicht welche und wurde daher zunächst einmal Tischler, was ihm heute genauso zugute kommt wie sein musikalisches Talent.
Gitarre, Waldhorn, Zugposaune, Bariton, Kontrabass – gleich fünf Instrumente beherrscht der 50-Jährige. „Hackbrett spiele ich allerdings nur sehr bescheiden“, sagt er. Das wollen wir dem Panki – sein Spitzname prangt groß am Firmenlogo – aber nicht so recht glauben.
SATTER DUFT VON HOLZ
Panki ist in Kirchbach in der Steiermark zu Hause. Jeden Tag nach dem Mittagessen betritt er seine Werkstatt – „davor bin ich in der Berufsschule Feldbach beschäftigt, weil ich vom Hackbrettbau allein nicht leben kann“ – und freut sich auf seine Arbeit.
In dem großen, hellen Raum, in dem alles seinen Platz und der Meister ausreichend Bewegungsfreiheit hat, steigt einem sofort der satte Duft von Holz in die Nase. Es wartet nur darauf, verarbeitet zu werden. Doch gemach. Oft dauert es Jahre, ehe Pankraz Schadler das Material verwenden kann. Der Instrumentenbauer braucht feinjähriges, langsam gewachsenes Holz, das es nur in Wäldern hoch droben, ab etwa 1.200 Metern, gibt. „Und das muss erst luftgetrocknet werden und dann lange Zeit auf Lager liegen, damit es sich nicht verzieht.“
STRENG GEHEIMER KUNSTKNIFF
Hat Panki die Schalllöcher in die Fichtendecke geschnitten und diese verziert – je nach Wunsch kann sie bemalt, furniert, mit Einlegearbeiten oder Schnitzereien versehen werden –, widmet er sich den übrigen Teilen des Hackbretts. Aus dem massiven Fichtenholzboden, den Seitenteilen aus Ahorn und dem Stimmstock mit den Wirbeln für die Saiten sowie den gelochten Stegen baut er dann das Hackbrett zusammen.
Was sich einfach anhört, ist natürlich ein komplexer Vorgang, der großes Können und Wissen verlangt. Ja sogar den einen oder anderen Kunstkniff, der streng geheim gehalten wird. Nehmen wir zum Beispiel die Unterzüge. Diese gelochten Holzleisten werden in den Boden montiert. Wie Panki sie aber schneidet und wo er sie genau befestigt, das würde er nie verraten. „Denn das wirkt sich alles auf den Klang aus.“
Und der soll ja einzigartig bleiben. Selbst wenn man sich nicht vor allzu großer Konkurrenz fürchten muss: Österreichs Hack brettbauer kann man an einer Hand abzählen. Nachdem sein Kollege Herbert Rust aus Thörl aufgehört hat, ist Pankraz Schadler nun der einzige in der Steiermark.
Der Panki hat sich diese Fertigkeit übrigens selbst beigebracht, seit elf Jahren baut er jetzt schon das Instrument in allen möglichen Varianten. Zusammen mit Musikpädagogen hat er sogar ein Kinderhackbrett entwickelt, das kleinen Musikanten das Lernen erleichtert.
DIE GROSSEN ZWEI
Im Wesentlichen verlassen aber zwei Modelle die Werkstatt des Meisters: das diatonische und das chromatische Hackbrett. Das diatonisch gestimmte – man sagt dazu auch Steirisches Hackbrett – ist ein Harmonie- und Rhythmusinstrument und spielt in der Volksmusik eine wichtige Rolle. Es wiegt acht Kilo und ist mit 102 Stahlsaiten in unterschiedlichen Stärken bespannt, die sich nur in bestimmten Tonlagen spielen lassen.
Hierzulande bereits 1447 erstmals schriftlich erwähnt, handelt es sich beim diatonischen Hackbrett um ein jahrhundertealtes Instrument, das bis heute auf der ganzen Welt erklingt.
Das chromatische Hackbrett hingegen wurde erst in den 1920er-Jahren entwickelt, es kommt aus Salzburg, hat nur 96 Saiten und ist auf Basis eines Klaviers aufgebaut. Pankis Exemplare wiegen siebeneinhalb Kilo und werden auch in der klassischen Musik und im Jazz gespielt. Wofür man natürlich auch die passenden zarten Schlägel braucht, die Panki mit Hingabe aus Ahorn und Buche fertigt.
BEWUNDERN, AUSPROBIEREN, HÖREN
Gleich an seine Werkstätte anschließend hat Pankraz Schadler einen Ausstellungsraum eingerichtet, an dem seine fertigen Prachtstücke nicht nur bewundert, sondern auch gleich ausprobiert werden können. 20 bis 25 Hackbretter baut er im Jahr, je nach Ausführung sind sie ab 1.000 Euro zu haben; das Hackbrett für Kinder kommt auf 330 Euro. Panki verleiht aber auch Instrumente – und natürlich repariert und serviciert er sie auch.
Wann immer es jedoch seine Zeit erlaubt, probiert er Neues aus. So baute er etwa ein Hackbrett aus nach Mondphasen geschlägertem Holz. Beim Vergleich mit einem herkömmlichen Instrument schnitt es im Klang tatsächlich besser ab. „Allerdings können das nur Profis hören, und es kostet das Doppelte“, sagt Panki.
HOCHGENUSS UND BELOHNUNG
Etwa 30 intensive Arbeitsstunden braucht der Meister, um ein Hackbrett zu bauen. Da ist das Aufziehen der Saiten aber noch nicht mit eingerechnet. Auch nicht der allerletzte Vorgang, das Stimmen.
Panki liebt es. Es ist Belohnung und Hochgenuss für den begeisterten Musiker, der seit 37 Jahren als Hornist zur Marktmusikkapelle St. Stefan im Rosental gehört, der bei einer Stubenmusik mit dabei ist und mehr als 2 Jahre den Bass bei einer Band gespielt hat. Viel unterwegs war er an den Wochenenden, der Pankraz Schadler, da war nicht viel Platz für eine Partnerschaft. „Zum Heiraten bin ich nicht gekommen“, sagt er. Aber mehr will er jetzt nicht mehr reden, sondern sich lieber auf das Stimmen des steirischen Bretts konzentrieren.
IN JEDER HAND EIN SCHLÄGEL
Und das Stimmen dauert eine Weile. Fünf Mal geht er alle Saiten durch, dreht an den Wirbeln und lauscht, bis er mit dem Klang zufrieden ist. Dann nimmt er in jede Hand einen federleichten Schlägel und entlockt dem neuen Instrument erste Melodien.
Pankis Spiel ist übrigens gar nicht „bescheiden“, wie er anfangs sagte, sondern harmonisch und beschwingt.
WOHER DAS HACKBRETT KOMMT UND WIE ES GESTIMMT IST
Der Ursprung des Hackbretts liegt in Persien. Dort war es seit dem frühen Mittelalter ein wichtiges, klassisches Instrument (Santur). Daraus entwickelte sich später das Hackbrett, das sich bei uns ab dem 15. Jahrhundert verbreitete. Erste Instrumente sind auf italienischen Gemälden um 1430 festgehalten. Sie waren rechteckig und hatten nur wenige Saiten. Ein Kupferstich von 1470 zeigt bereits ein weiterentwickeltes Hackbrett mit vier Saiten, die über zwei Teilungsstege geführt und um eineinhalb Oktaven erweitert sind (diatonische Stimmung). Das Hackbrett erfreut sich vor allem in der Volksmusik großer Beliebtheit, findet aber auch Beachtung in der klassischen und modernen Musik. Hackbrett kann man studieren. Es wird an den Universitäten Graz und
Linz sowie am Mozarteum Salzburg gelehrt.
Diatonisches Hackbrett
Der Ausdruck Diatonik bedeutet in der Musiktheorie „durch Ganztöne gehend“. Das diatonische Hackbrett hat die gleiche Stimmung wie die steirische Harmonika. Bei ihm ist man in den Tonarten gebunden und kann nicht in jeder Dur spielen. Um jedoch die Tonvielfalt zu erhöhen, wird es in drei verschiedenen Stimmungen ausgeführt, wodurch auch Halbtöne möglich sind.
Chromatisches Hackbrett
Bei ihm sind die Töne chromatisch – das heißt in Halbtonschritten – angeordnet und auf der Basis eines Klaviers aufgebaut, wodurch sich alle Tonarten spielen lassen. Das Salzburger Hackbrett, chromatisch gestimmt, wurde vom Volksmusikanten Tobi Reiser und dem Instrumentenbauer Heinrich Bandzauner in den 1920er-Jahren neu entwickelt. Erstmals wurden die Saiten wie die Tasten bei einem Klavier angeordnet. Die blanken Holzschlägel belegte Tobi Reiser mit Filz. Dadurch waren die Instrumente leiser zu spielen und ideal für die Stubenmusik.
Hackbrettbau Panki
Pankraz Schadler
8082 Kirchbach in der Steiermark 21
Tel.: +43/664/483 41 68
www.hackbrettl.at