Dreiländereck: Die Region liegt inmitten dreier Länder und lockt mit Grünoasen ohne Ende. Seit Jahrhunderten sind in Österreich, Deutschland und in der Schweiz fleißige Gärtner am Werk, die die grünen Perlen hegen und pflegen.
weiterlesen
An den Ufern des Sees blitzen sie immer wieder auf: Leuchtende Blütenmeere, üppiges Grün, imposante Schlossanlagen, reizvolle Lustgärten, heimelige Kuchlbeete und reich bepflanzte Parks mit uralten Linden –den Müttern unter den Bäumen. Das milde Klima der Bodenseeregion hat Gärtnern schon immer in die Hand gespielt. „Hier zeigt sich die gesamte Gartenbaugeschichte Europas, die eine spannende Reise durch die Epochen der Gartenkultur ermöglicht“, sagt Monika Grünenfelder, Geschäftsführerin der Bodenseegärten, einem Netzwerk, in dem die 24 schönsten Gartenanlagen vereinigt sind. Um zu den Gärten zu gelangen, sind kaum Distanzen zu überwinden. Man kann einfach per Schiff, Bus oder Bahn von Garten zu Garten bummeln. Wir beginnen in Bregenz. Hier lässt es sich fein über die großzügigen Seeanlagen flanieren, die gleich nach dem Festspielplatzbeginnen und einen interessanten Kontrast zum üppigen Bühnenbild bilden. Für Schatten sorgen die historischen Baumbestände und 350 Nadel- und Laubgewächse. In der riesigen Parkanlage sorgen Exoten wie Bananen, Agaven, Großpalmen und knorrige Olivenbäume für südliches Flair.
Bestes Gedeihen Weiter geht’s in die Schweiz – nach Uttwil in den Arzneipflanzengarten mit Baldrian, Bärentraube, Rosenwurz, Mönchspfeffer & Co. Wie fast alle Bodenseegärten kann auch dieser kostenlos besichtigt werden. Er gehört zur Firma Vitaplant, die Pflanzen für die Phytotherapie anbaut–hier am See und auf der ganzen Welt. „Um beste Inhaltsstoffe und höchste Wirkung zu erzielen, suchen wir für jede Heilpflanze die passende Gegend“, erklärt Chef Peter Kade, „das muss nicht ihr Herkunftsland sein.“ So kommt es, dass etwa ein Kraut aus Argentinien in Kenia angebaut wird, weil es sich dort durch die starke Sonneneinstrahlung besser entwickelt. Und eines, das in Tirol beheimatet ist, besser in der Bodenseegegend gedeiht. „Die Inhaltsstoffe der Pflanzen werden geprüft und gemessen, ehe sie verkauft und zu Tees, Pillen oder Salben verarbeitet werden.“ Ganz in der Nähe, im Schweizer Tägerwilen, befindet sich der nächste Arzneimittelgarten. Ackerwitwenblume, Berberitze oder Zaubernuss sind zu erkunden, die Cècile Mandefield für ihre Medikamente benötigt. Sie möchte damit zeigen, welche Heilkraft in den verschiedenen Pflanzen steckt, die in ihrer Firma Regena durch Potenzieren zu homöopathischen Präparaten geschüttelt werden.
Pool auf dem Dach Im deutschen Konstanz, erwartet uns der luxuriöse Höhepunkt des Tages. Wir checken ein im5*-Hotel Riva, einem der feinsten Häuser am Bodensee, das direkt an der Seepromenade liegt und eine einzigartige Aussicht auf die Silhouette der Altstadt freigibt. Umwerfend sind die Künste des Küchenchefs und der Blick vom Pool auf der Dachterrasse. Ein weiteres gediegenes Haus befindet sich auf der anderen Seite des Sees, das Parkhotel St.Leonhard in Überlingen. Es thront hoch oben inmitten einer Parkanlage, die ihresgleichen sucht. In dem 80Hektargroßen Hotelpark kann man zwischen mächtigen Buchen, Eichen und Linden endlos lustwandeln, Kirschlorbeer, Feigen und Wacholder bewundern und den betörenden Rosenduft auf sich wirken lassen. Immer wieder öffnen sich Blickachsen zum See und zur Insel Mainau. Die Neugier ist groß – und Mainau, die prächtige Blumeninsel, lässt keine Wünsche offen. Hier haben die Eigentümer des Eilands, die Familie Bernadotte, auf 45 Hektar ein Paradies geschaffen. Neben 150Jahre alten Mammutbäumen, japanischen Schirmtannen, Palmen, Trompetengewächsen oder Zitruspflanzen duften hier abertausende Blüten um die Wette – je nach Saison Tulpen, Rhododendren, Rosen, Dahlien und und und. Neben diesem aromatischen Sinnentaumel kommen wir auch in den Genuss eines perfekt abgestimmten Konzerts, das uns die unzähligen Vögel unermüdlich zwitschern.
Mainau ist ideal zum Innehalten und Entspannen. Und zum Lernen und Arbeiten. Bettina Gräfin Bernadotte, die mit ihrem Bruder Björn die Geschäfte führt und bis zu 300 Mitarbeiter in der Hochsaison beschäftigt, hat einen eigenen Vorführgarten eingerichtet, in dem Experten Gartenfragen beantworten und gleich zeigen, wie es gemacht wird. Mitarbeiten kann man auch, indem man einen Tag den Gärtnern und Gärtnerinnen zur Hand geht und bei allem, was zu tun ist, mithilft. „Das kommt sehr gut an“, sagt Gräfin Bernadotte, deren Konzepte es ist, „den Menschen das Wissen von Mainau mit in den Alltag zu geben.“
Mit der Fähre gleiten wir über den See und finden uns in
der historischen Altstadt Meersburg wieder. Mittendrin das Kloster mit dem einzigartigen Bibelgarten – ein kleines Stück Paradies, das den botanischen Teil der biblischen Geschichte zeigt. Biblische Botanik Heilpflanzen, Blumen, Gewürze und Früchte, die einen starken Bezug zur Bibel und zur Klosterheilkunde haben, sind hier angebaut. Gewächse, die schon vor mehr als 2000 Jahren angewendet wurden, die essbar, heilsam, auch kleidsam sind oder sich in duftendem Rauch auflösen. Über jedes einzelne Kraut weiß Christiane Ebert Bescheid. Sie erklärt uns die Passionsblume, die mit ihren fünf Staubblättern die Wunden
Christi symbolisiert. Oder dass das heilende Feigenblatt von den Samaritern als Pflaster zum Verschließen von Wunden verwendet wurde und vieles mehr. Frau Eberts Führung wirkt überaus erquickend. Auch das Neue Schloss Meersburg und das Kloster Salem sind umgeben von beeindruckenden Grünanlagen. In Meersburg bekommen wir nicht nur Einblick in das Schloss, sondern auch in die Geschichte barocker Gartenarchitektur. Typisch dafür sind die streng durchkomponierten Grünanlagen mit niedrigen Hecken. Stilecht machen wir Rast im Pavillon unterhalb des Schlossgartens. Das Teehäuschen diente einst den Fürsten als Rückzugsort, wir bekommen heute feine Häppchen und köstlichen Tropfen aus der Region kredenzt. Um den Bodensee wird auch die Weinkultur großgeschrieben.
In Salem kommt man nicht aus dem Staunen heraus. Das prächtige Klosterensemble der Zisterzienser aus dem 12. Jahrhundert ist heute belebter denn je. Darin sind neben den fürstlichen Gemächern auch eine Schule mit Internat, eine Bibliothek und ein riesiger Weinkeller untergebracht. Und der Kaisersaal, in dem das ganze Jahr über Veranstaltungen stattfinden. Zu den Freiluftkonzerten im Park pilgern Tausende Menschen nach Salem. Am 23. Juli eröffnet der britische Musiker und Sänger Sting die Saison.
Mütterliche Linden Zurück nach Überlingen, dem Nizza am Bodensee. Die liebenswerte Gartenstadt hat 22.500 Einwohner, eine einzigartige Promenade am See entlang, Naturdenkmäler in Form von Buchen, Platanen und Zedern, ein Klima wie im Süden und einen Stadtpark zum Verlieben. In all der Pracht finden sich auch aufregende Kakteenkombinationen. „Unsere stacheligen Exoten sorgen für Extraarbeit, weil wir sie zum Überwintern in Glashäuser verpflanzen müssen“, sagt Agraringenieurin Sabine Pohl. Dann führt sie uns zu ihren Lieblingen, den Sommerlinden. „Das sind die mütterlichen Bäume – lindernd, wie schon ihr Name sagt. Sie duften herrlich und spenden Wohlbehagen.“ So wie die ganze Gegend rund um den Bodensee.
Info
Anreise Auto: A1 bis Bregenz, entlang des Bodensees. Flug: Mit People’s Viennaline von Wien nach Altenrhein. Bahn: bis Bregenz, weiter mit dem Bodenseeticket(Bahn, Bus, Fähre).Tages-oder Dreitageskarte um 18,50 bzw.41 €. Es gibt auch ein Fahrrad-Kombi-Ticket ab 29,50 €/Tag. bodensee-ticket.com
Rundreise Pauschalreisen, die zu vielen Gärten führen. Auch für Radler. Am westlichen Bodensee kann Gartengeschichte auf eigene Faust (4 Routen max. 30 km) „erfahren“ werden. Näheres: bodenseegaerten.eu
Unterkunft Das Hotel Riva in Konstanz besteht aus einer eleganten Jugendstilvilla und einem stilvollen Neubau. DZ/N ab 315 €. Im Riva kann man aber auch auf der Terrasse bei Kaffee und hausgemachten Kuchen das elegante Flair und die Aussicht genießen. hotel-riva.de Das Parkhotel St. Leonhard in Überlingen liegt hoch über dem See, inmitten einer riesigen Parkanlage. DZ/Nacht ab 145 €. parkhotel-st-leonhard.de
Gärten und Parks Stadt Bregenz, www.bregenz.travel – Blumeninsel Mainau (Eintritt 21 €): www.mainau.de – Neues Schloss Meersburg: www.neues-schloss-meersburg.de –Bibelgarten Meersburg: www.bibelgalerie.de –Arzneipflanzengarten Uttwil: www.vitaplant.ch –Heilpflanzengarten Tägerwilen: regena.ch –Gartenkulturpfad Überlingen. Hier wird schon die Landesgartenschau 2020 vorbereitet: ueberlingen-bodensee.de, ueberlingen2020.de
Auskunft zu allen Gärten: bodenseegaerten.eu
Fotos: Helmut Scham (6), Ingrid Edelbacher (4)
Erschienen im KURIER am 22. Juli 2018
Diesen Beitrag als PDF herunterladen