Hela, die Königin der Hundemütter, bekam elf gesunde Welpen und erbrachte eine unglaubliche Leistung. Schwerarbeit bedeutete es aber nicht nur für die Hündin, sondern auch für ihr Frauchen, das ihr Tag und Nacht zur Seite stand. Was Hundemutter Hela alles von Natur aus kann und wie sie es schaffte, gemeinsam mit ihrer Besitzerin die Winzlinge zu betreuen und aufzuziehen.
Tierärztin Michaela Nitsche mit ihrer Hela.
Ist das eine Begrüßung! Nebst fröhlichem Gequietsche, kleinen Luftsprüngen und aufgeregtem Schwanzwedeln stürmen die elf Hundekinder herbei, um den Gast willkommen zu heißen. Die Pfötchen tappen die Menschenbeine ab und die kleinen Mäulchen vergraben sich in die Schuhe, um das Leder zu verkosten. Während die einen unten herumwuseln, schnappen die nächsten weiter oben nach allem, was sie erwischen können, um daran zu riechen und zu nagen. Kugelschreiber, Uhr oder Handy sind ebenso interessant wie längere Haare.
„Deshalb binde ich meine Haare zusammen, damit sie sie nicht erwischen“, sagt die Tierärztin Mag. Michaela Nitsche, die gemeinsam mit ihrer Hündin Hela die Welpen aufgezogen hat. Ihr erlernter Beruf kam ihr und der vierjährigen Hela bei dieser schwierigen Aufgabe sehr entgegen. Elf auf einen Streich brauchen viel an fachkundigem Wissen, Verständnis, Zuneigung und Gespür. So viel Nachwuchs kommt äußerst selten vor. „Bei den ungarischen Vorstehhunden und bei anderen größeren Rassen sind derart große Würfe möglich“, erklärt die Tierärztin. Hela vom Steinberg ist eine Magyar-Vizsla-Drahthaar und ausgebildete Jagdhündin.
Mutter Hela und ihre ganze Kinderschar
Aus dem Gästezimmer des Hauses im niederösterreichischen Stössing wurde die Kinderstube für die kleinen Vierbeiner. Hier ist was los. Hier geht’s drunter und drüber. Sobald sich die Kleinen an die Besucher gewöhnt haben, widmen sie sich wieder ihren Spielen, balgen sich und ringen miteinander, dass es eine Freude ist. Auch die Stimmchen werden schon fleißig trainiert. Sie lassen sich aber auch gerne auf den Arm nehmen und streicheln. Ruhe kehrt augenblicklich ein, wenn die Futternäpfe gebracht werden. Da wird in stiller Eintracht geschmaust – ganz ohne Futterneid. „Man wechselt zwar gern einmal den Napf, weil es am anderen ja noch besser schmecken könnte. Aber das läuft reibungslos ab“, freut sich Michaela Nitsche und gönnt sich eine kleine Atempause.
Endlich! Jetzt gibt’s Futter
Elf Hinterlassenschaften sind nicht ohne
Aber nur bis die drei Schüsseln leer sind, dann geht’s ab in den Garten. Hier werden alle Erledigungen gemacht, was eine Riesenhilfe für die Menschen ist. Man kann sich kaum vorstellen, wie das ist: Elf Hinterlassenschaften in der Kinderstube sind keine Kleinigkeit. Inzwischen steht Michaela Nitsche nur noch einmal in der Nacht auf, um nach dem Rechten zu sehen und den Boden zu säubern, damit es die Kleinen wieder frisch haben. „Manchmal verwenden sie die Hundetoilette, die wir eingerichtet haben, aber das klappt halt noch nicht wirklich…“ Übrigens: „Ich würde das alleine nicht schaffen“, sagt die Tierärztin, „meine Eltern sind großartig, sie wohnen sogar vorübergehend hier und betreuen die Hunde, wenn ich in der Arbeit bin. „Es ist zwar für uns alle recht anstrengend, aber unglaublich beglückend, die Entwicklung der Tiere mitzuerleben“, sagt ihre Mutter Burgi Nitsche.
Im Garten: Ganz schön wild die Kleinen
Die Nitsches kommen seit neun Wochen kaum zur Ruhe. In nächster Zeit wird sie langsam wieder einkehren, denn neun Welpen sind bereits fix vergeben. Und der erste wird schon bald seinen neuen Besitzern übergeben. Davor fürchtet sich Michaela. „Sie sind mir alle so ans Herz gewachsen, das Abschiednehmen fällt schwer.“ Selbstverständlich kennt sie alle auseinander und weiß ihre Namen, die sie ihnen an diesem aufregenden Tag ihrer Geburt gegeben hat.
Hela und ihre zehn Tage alten Winzlinge
Große Freude und Erschöpfung bei der Geburt
Bei einer Ultraschalluntersuchung der werdenden Hundemutter waren fünf Welpen zu sehen, aber bei Hunden sind im Ultraschall nicht alle Embryonen zählbar. Deshalb ließ die Tierärztin Mitte Dezember auch noch ein Röntgenbild machen, um sicher zu gehen, dass keine zu großen Welpen und kein Kaiserschnitt bei Hela zu erwarten sind. Und da die Überraschung! Es waren keine Welpen in Übergröße zu erwarten – es waren elf, die zu Weihnachten auf die Welt kommen sollten. „Ich war sehr aufgeregt, als es in der Wurfbox los ging und besorgt um meine Hela. Es war der 23. Dezember. Um 4,30 Uhr kam das erste Junge. Die weiteren in regelmäßigen Abständen, eines nach dem anderen.
Am Nachmittag, um 15 Uhr waren alle elf da. Die Hündin war völlig erschöpft, ihre Menschen auch, sie hatten vor Aufregung aufs Schlafen vergessen. „Hela hat jedes ihrer Jungen perfekt abgenabelt, hat die Nabelschnur genau an der richtigen Stelle durchbissen. Zwei Tage später waren alle Nabel verheilt – und die Welpen pumperlgesund und hungrig.“ Sieben Mädchen und vier Buben sind es. Weil es der erste Wurf ist, beginnen ihre Namen mit einem A. Sie heißen Asa, Asti, Athora, Adelheid, Abhy (die Glückbringende), Adele, Aronia sowie Astor, Anton, Aron und Akor. Sie wogen zwischen 300 und 400 Gramm. Acht Wochen später brachten sie zwischen vier und sechs Kilo auf die Waage.
Der Kleine ist besonders anschmiegsam
Alle zwei Stunden wurde gefüttert
Weil eine Hündin über ein Gesäuge von nur acht Zitzen verfügt, mussten die Menschen bei der Fütterung helfen. Alle zwei Stunden! „Während acht Welpen angelegt waren, wurden abwechselnd den jeweils übrigen Welpenmilch mittels Fläschchen verabreicht. Um sie auseinanderzuhalten, haben die Winzlinge von Anfang an bunte Bändchen getragen. „So hab‘ ich immer gewusst, welches Tier schon von der Mutter gesäugt wurde und welches noch dran kommt.“
„Meine Eltern und ich waren Tag und Nacht im Einsatz. Mit der Fütterung haben wir uns abgewechselt, sodass jeder von uns einige Stunden am Stück schlafen konnte. Mit der Zeit wurden die Fütterungsabstände größer, dafür wurden es Häufchen und Lackerln auch. In den ersten Wochen hat die Reinigung der Box stets Hela selbst übernommen, sie hielt ihre Kinder und deren Umgebung blitzsauber. „Wir haben sie aber auch dabei unterstützt, mussten aber rasch sein, um ihrer Sorgfalt zuvorzukommen.
Hallo, was ist da? So was von neugierig diese Welpen
Wenn sie zu wild sind, maßregelt Hela ihre Jungen
Nach fünf Wochen brachte Hela ihren Jungen bei, wie man aus dem Napf schmaust und aus der Schüssel trinkt. „Hinreißend anzusehen, wie die Kleinen durch Nachahmen lernten. Hela führte jedes von ihnen zu Napf und Schüssel und zeigte vor, wie das geht“, schwärmt Michaelas Vater Bruno Nitsche. Anfangs bekamen Asa, Adelheid, Anton & Co. je einen eigenen Fressnapf, mittlerweile gibt es drei große für die ganze Schar. „Damit werden sie untereinander sozialisiert und auch später beim Fressen nicht aggressiv oder überempfindlich reagieren“, sagt die Tierärztin.
Jeden Abend, wenn endlich Sofazeit ist, nehmen die Nitsches einen Welpen nach dem anderen zu sich, streicheln die Kleinen und reden mit ihnen. Bruno Nitsche: „Der Grundgedanke dazu: Wenn irgendwas nach Mensch riecht, ist es was Tolles. Dadurch werden sie an uns Menschen gewöhnt. Eine wichtige Voraussetzung für ihr weiteres Leben.“
Burgi und Bruno Nitsche geben ihren Welpen nicht mehr her
Die Regeln hat bisher nur Hela aufgestellt, Michaela greift nur ein, wenn Gefahr besteht. „Es gibt noch keine großen Verbote, ich will ja, dass sie sich frei entwickeln können.“ Das ist gelungen. Sie hat Adelheid, Asti, Asa, Anton und die anderen zu unerschrockenen, glücklichen kleinen Hunden heranwachsen lassen. Sie mögen Menschen, sind zutraulich, vergnügt, gelehrig und ständig auf Entdeckung aus.
Inzwischen zieht sich Hela immer mehr von ihrem Nachwuchs zurück. Sie hat nach sieben Wochen abgestillt und zieht es nunmehr vor, getrennt von den Kleinen zu schlafen. Wird es in der Stube laut, ist sie jedoch rasch zur Stelle und schreitet ein. „Sie maßregelt ihre Kinder, beruhigt sie und zeigt ihnen alles, was wichtig ist. Sie führt vor, wie das mit der Hundetoilette funktioniert und auch wie Hund mit verschiedenen Gegenständen am besten spielen kann. Derzeit lernen sie auch, dass sie nicht zu fest zubeißen dürfen – die Beißhemmung wird somit entwickelt. Es ist faszinierend, wie die Natur Hündinnen ausgestattet hat. Dass Hela so viele Kinder so gut auf das Leben vorbereitet, macht sie zur unbestrittenen Königin der Hundemütter.
Hela, die Königin der Hundemütter und ihre bezaubernden Kinder
Fotos: Hannes Wiesinger (7), Peter A. Schober (2), Ingrid Edelbacher (6)
Der ungarische Vorstehhund
Der Drahthaar Vizsla ist eine anerkannte ungarische Hunderasse. Aufgrund seiner Gelehrsamkeit ist dieser Hund leicht erziehbar, anhänglich, selbstbewusst und kontaktfreudig. Für die Jagd nützen die Eigenschaften Beharrlichkeit, gutes Vorstehen und die hohe Sensibilität der Nase. Er ist nicht für die Stadt geeignet, weil er sehr aktiv ist und viel Bewegung und Beschäftigung braucht.
Hela ist ausgebildete Jagdhündin und wieder sehr aktiv