Sei höflich zu deinem Hund

Kommunikation ist nicht nur unter Menschen die Grundlage jeder Beziehung. Auch unter Hunden. Sie sind wahre Meister in Sachen Höflichkeit. Sie kommunizieren über eine Vielzahl „geheimer Codes“, damit sich keiner auf den Schlips getreten fühlt. Aber wir Menschen verstehen nicht immer sofort, was gemeint ist. Aber die höfliche Hundesprache kann jeder erlernen und damit die Basis für eine starke Bindung schaffen.

Von Kindesbeinen an wird uns Menschen erklärt, was höflich ist und was sich nicht gehört: „Nimm die Hand vom Mund, wenn du sprichst!“, „Sag schön Danke“, „Mit dem Essen spielt man nicht!“ „Bitte“ und „Danke“ sind die ersten Worte, die man in einer Fremdsprache lernt, denn Kommunikation ist das Geheimnis, damit das Zusammenleben funktioniert. Aber nur, wenn alle Beteiligten dieselbe Sprache sprechen. Das gilt nicht nur für verschiedene Kulturen, sondern auch für verschiedene Spezies wie Mensch und Hund. Hier kommt Masih Samin ins Spiel. Der Hundeverhaltenstherapeut versteht die Sprache der Vierbeiner und ist als Dolmetscher zwischen Mensch und Hund tätig.

Während Hunde sofort verstehen, was der Mensch meint, funktioniert es umgekehrt oft nicht. Zieht sich sein Mensch die Schuhe an und greift zum Haustorschlüssel, steht der Hund augenblicklich an der Tür und wedelt erwartungsvoll mit dem Schwanz. „Manchmal ist es schon fast magisch, wie Hunde unser Verhalten interpretieren können“, schreibt Masih Samin in seinem Buch „Sei höflich zu deinem Hund“. Das bedeutet, dass Samin keine radikalen Erziehungstipps gibt. Die lehnt er ab. Der aus dem Fernsehen bekannte Therapeut plädiert für einen respektvollen Umgang miteinander. „Statt auf Drill und Gehorsam setze ich auf eine harmonische Verbindung. Der Schlüssel dazu ist das gegenseitige Verstehen.“

Wir lieben unsere Hunde und haben auch viele Erwartungen an unsere besten Freunde. „Aber was erwartet der Hund eigentlich von uns? Wir haben eine genaue Vorstellung, was einen guten Hund ausmacht. Aber was genau macht einen guten Menschen aus? Zumindest für unsere Vierbeiner“, sagt der Hundeverhaltenstherapeut, der weiß, dass man nichts von seinem Hund verlangen kann, solange man es selbst nicht leistet.

Hunde lesen zwischen den Zeilen

Hunde sind überaus sensibel, viel mehr als Menschen. „Sie verstehen nicht, was wir sagen, wenn wir es nicht auch genauso meinen. Sie lesen sehr bewusst zwischen den Zeilen und erahnen undeutliche Signale. Was aber das Wichtigste ist: Unsere widersprüchlichen Zeichen lassen uns auf sie unfähig wirken“, so Samin. Unfähig, uns mitzuteilen, unfähig Entscheidungen bewusst zu treffen. So empfindet das der Hund. Zum Beispiel: Sie sind aufgeregt und nervös – Ihr Hund natürlich auch. Er hüpft und jault. Das wollen Sie unterbinden, indem Sie ihn anpfauchen oder gar anschreien und „Sitz“, „Platz“ und „Ruhe“ zischen. Der Hund versteht das nicht und will schon gar nicht an diesem Ort bleiben. Die Situation eskaliert. Deshalb: Seien Sie ein Vorbild, an dem sich Ihr Hund orientieren kann. Der erste Schritt dazu: Akzeptieren Sie das Gefühl der Angst, der Unsicherheit oder der Scham. Das alles gehört zu Ihnen. Vermitteln Sie dem Hund weiter Sicherheit, indem Sie mit ihm sachlich und respektvoll reden.

Die wichtigste Voraussetzung, damit Hunde sich entspannen und dem Menschen vertrauen können: „Werden Sie nie laut oder hysterisch. Wenn ich Hunde trainiere, senke ich meine Stimme, beruhige meine Atmung und lasse mich fallen in die Situation. Ich versuche völlige Entspannung auszustrahlen“, erklärt Therapeut Samin seine Philosophie. Das beginnt schon beim Bereitmachen für den Spaziergang. Selbst bemerkt man das gar nicht, aber legt man dem Vierbeiner Halsband, Geschirr und Leine aufgeregt und unter Stress an, dann ist die Situation für das Tier negativ belegt. Diese negative Stimmung wird nach außen getragen – Probleme sind damit vorprogrammiert.

Lange Reden oder lautes Schreien sind völlig ungeeignet, um mit seinem Tier ins Gespräch zu kommen. Der richtige Tonfall ist wichtig. Signale sollten stets mit ruhiger Stimme gegeben werden, weil der Hund Stress und Aufregung sofort erkennt. Dabei ist auch die Lautstärke von Bedeutung. Und wenn es sein muss, dann wird der Vierbeiner ein klar gesprochenes Nein verstehen.

Heute, wo Hunde nicht mehr nur die Aufgabe haben, für den Menschen zu arbeiten, ist es umso wichtiger, eine gute Beziehung zu ihnen zu pflegen. Ob zu Hause oder auf der Arbeit, unterwegs im Wald oder in der Stadt: Es ist unerlässlich, dass Hunde und Menschen sich aufeinander verlassen können.

So machst du deinen Hund glücklich
Tipps von Masih Samin

Gelassen bleiben!
Hast du selbst einen Hund, der, weshalb auch immer, ein Opfer seiner eigenen Emotionen ist? Konflikte lassen sich nicht immer vermeiden – und das muss auch gar nicht sein. Entstehen sie aber, denk zuerst daran, die Ruhe zu bewahren, dann zu visualisieren, also zu begreifen und sich Gedanken zu machen, was zu tun ist, um schließlich zu handeln – im Sinne deines Hundes, deiner Umgebung und dir selbst. Dein Hund wird es dir von Herzen danken.

Eine kuschelige Ecke

Der Platz, an den sich dein Hund zum Ausruhen zurückziehen soll, muss mit Bedacht gewählt sein. Schließlich soll er sich gerne dort aufhalten und zur Ruhe finden. Achte daher darauf, dass der Hund nicht mitten im Geschehen liegt. Genauso wenig sollte er aber zu weit abseits liegen, sonst fühlt er sich ausgeschlossen und unwohl. Wenn du dich größtenteils im Esszimmer aufhältst, der Platz deines Hundes aber irgendwo im Schlafzimmer ist, wird er sicher immer wieder aufstehen, um nach dir zu schauen. Das steht der Ruhe natürlich im Weg. Aber unsere Hunde brauchen eben wie wir selbst auch Kontakt zum und Aufmerksamkeit vom Rest der Familie. Sonst fühlen sie sich nicht wohl.

Buchtipp

Masih Samin: „Sei höflich zu deinem Hund“ , GU-Verlag, 19,90 €

Foto: Hannes Wiesinger