Retter auf vier Pfoten

Ob im Winter bei Lawinenabgängen oder nach Erdbeben und Tsunamis – wie zuletzt auf Sumatra – sind Suchhunde im besten Sinn des Wortes Arbeitstiere. Sie leisten den Menschen wertvolle Dienste. Die ausgebildeten Hunde spüren Verschüttete unter meterhohen Schneemassen oder unter Trümmern in eingestürzten Gebäuden auf und retten Leben. Die großartigen Helfer auf vier Pfoten verdanken ihren ausgeprägten Spürsinn ihrer feinen Nase, die es ihnen ermöglicht, Menschen zu riechen, auch wenn sie tief vergraben sind. 

Ausgebildete Hunde sind für Rettungsdienste, Polizei, Zoll und Militär unersetzliche Mitarbeiter. Suchhunde mit ihrer extrem feinen Nase ermöglichen es, dass Lawinen- oder Erdbebenopfer rasch gefunden werden – und damit ihre Überlebenschance um ein Vielfaches vergrößern. Natürlich reicht nicht alleine die gute Nase eines Hundes aus – nicht jeder ist zum Retter geboren. Es sind ganz spezielle Vierbeiner, die sich dafür eignen. In erster Linie muss ein Helfer auf vier Pfoten vollkommen fit und gesund sein, über große Ausdauer und psychische Widerstandskraft verfügen und neben seinem besonders guten Riecher einen starken Such- und Finderwillen haben. Dafür kommen Rassehunde genauso wie Mischlingshunde in Frage. In Deutschland werden am häufigsten Schäferhund, Airedale-Terrier, Boxer, Dobermann, Hovawart, Riesenschnauzer und Rottweiler zu Rettungs- und Diensthunden ausgebildet.

Jede Skisaison kommen die Vierbeiner zum Einsatz. Jedes Jahr Leid und Leiden, weil Menschen beim Sport in Not geraten und unter Schneemassen begraben werden. Die Rettungsmannschaften treten dann in Aktion. Trotz aller moderner Techniken sind die Spürnasen auf diesem Gebiet unersetzlich.

Dazu braucht es natürlich eine spezielle Schulung für Hund und Herrn. „Mensch und Hund müssen durch ihr Auftreten während des Einsatzes jene Zielsicherheit und Zuversicht ausstrahlen, die alle hoffnungsfroh aushalten lässt, bis die Aufgabe erfüllt ist“, erklärt Hans Berger, Lawinensuchhundeführer aus dem Pustertal. „Der Lawinenhundeeinsatz erfordert unbedingt die Zweieinigkeit von Führer und Hund, sozusagen Verstand und Nase.“ Auf sich allein gestellt, sei jeder auf verlorenem Posten. „Der Lawinenhundeführer muss unbedingt alpine Fähigkeiten und Kenntnisse besitzen, die er, gleich seinem Hund, das ganze Jahr  vervollkommnen soll.“

Schulung für Mensch und Hund

Je nach Anforderung dauert eine Ausbildung anderthalb bis drei Jahre. Doch mit einer Prüfung ist es nicht getan – es muss das ganz Hunde- beziehungsweise Arbeitsleben trainiert werden. Nur so kann das Tier ein verlässliches Mitglied in einem Rettungsteam sein. Wie bei Sportlern gehören Konditionstraining, aber auch Weiterbildung und Einsatzübungen zum täglichen Brot von Herr und Hund. Deshalb werden auch an den Hundeführer hohe Anforderungen gestellt. Er muss körperlich und psychisch belastbar sein, gut mit Hunden können, mutig und leidensfähig sein.

Die Ausbildung der Rettungshunde beginnt  bereits im Junghundealter. Schon da wird der Vierbeiner mit verschiedenen Umweltsituationen und Trainingsutensilien vertraut gemacht. In kleinen Schritten wird das Tier an seine späteren Aufgaben gewöhnt. Junge Hunde sind  verspielt und neugierig – und genau diese Eigenschaften werden genützt und gefördert. Der junge Hund kommt mit vielen Menschen und auch anderen Tieren zusammen und wird darauf trainiert, sich bei Wind und Wetter, Dunkelheit oder fremder Umgebung zurechtzufinden. Von da an sorgt der Hundeführer für seinen Schützling. Von da an sind sie ein Team, das auch privat zusammen ist. So wie bei Kommissar Rex.

Rettungshunde – dazu zählen neben Lawinen- und Trümmersuchhunden auch Flächen-, Fährten- und Wasser-Suchhunde – müssen auch bei niedrigen Temperaturen ihre Energie und ihren Spürsinn behalten. Sie müssen sich in unwegsamem Gelände zurecht finden und oft auch Stunden später einer Spur folgen, die jemand hinterlassen hat.

Wie schafft das der vierbeinige Retter?

Der Geruchssinn ist ein bereits sehr früh ausgeprägter Sinn. Schon bei Neugeborenen (Mensch wie Hund) ist er der am besten entwickelte Sinn. „Die Milchquelle wird nicht mit den Augen, sondern mit der Nase gefunden, da alle anderen Sinne noch nicht voll entwickelt sind. Die Nase des Hundes ist besser ausgestattet als die des Menschen. Seine Nasenlöcher kann er bei Bedarf weiten, um mehr Luft einzusaugen. Dahinter liegt das so genannte vomeronasale Organ, ein enger Kanal mit etwa 608 Nervenbündeln, die für die Verbindung mit dem Riechhirn sorgen. Dieses Organ ist beim Menschen, wenn überhaupt, nur rudimentär ausgeprägt. Menschen verfügen über etwa fünf Millionen Riechzellen, große Hunde über 220 Millionen. Generell kann man sagen, dass der Hund etwa 44 Mal besser riecht als Menschen.

Die Grundschule für den Anfänger-Lawinenhund ist das Erlernen des Suchens von Menschen unter dem Schnee. Der Hund, seine Sinnesorgane und Triebe werden trainiert. Dazu verschwindet der Hundeführer im Schnee. Damit wird  der Meutentrieb des Hundes auf höchste Alarmstufe gebracht. „Der Hund verliert seinen Menschen, den er über alles liebt. Er beginnt vor Aufregung zu zittern und zu jaulen, er versucht sich loszureißen, um möglichst bald seinem Menschen folgen zu können. Das Suchfieber, das einmalige Interesse für die Aufgabe ist somit entfacht. Dem Hund ist die schönste Aufgabe gestellt worden, die es für ihn geben kann, er darf seinen Menschen suchen“, beschreibt  Hans Berger seine Arbeit.

Schließlich wird der Hund losgelassen und stürmt in Richtung seines Menschen. Sein fein ausgeprägter Geruchssinn setzt ein. Eine wohltuende Witterung, die er unter Tausenden herauskennt. Doch der Mensch liegt noch unter dem Schnee. Fast jeder Hund ist von Natur aus ein leidenschaftlicher Graber. Also beginnt er, seinen Menschen auszugraben. Die  Wiedersehensfreude ist enorm, wenn der Vierbeiner das geschafft hat. Er wird jetzt sehr gelobt, wird gestreichelt und gekrault und bekommt einen Leckerbissen. Ähnlich verläuft die Ausbildung von Trümmer- und anderen Suchhunden.

Kein Erfolg ohne Lob und Freude

Nach den Erziehungsgrundsätzen reagiert der Hund nur auf schmerzliche oder wohltuende, schlechte oder gute Empfindungen und darauf stellt er sein Handeln ein. „Da nun der Hund bei jedem Sucherfolg auf der Übungslawine einen Leckerbissen vorfindet und stürmisches Lob erntet, betrachtet er die Suche unter dem Schnee bald als seine liebste Tätigkeit, die er stets als wohltuende Empfindung in hundlicher Erinnerung hat“, erklärt der Fachmann.

Wenn der Hund soweit gebracht wurde, dass er vor jedem unmittelbaren Sucheinsatz vor Eifer und Suchfieber zittert und mit frohem „Geläute“ wegstürmt, dann ist er richtig zur Lawinenarbeit erzogen worden. Diese Phasen gelingen nur, wenn zwischen Hund und Führer eine gute und enge Verbindung besteht. Zu allen Phasen muss der Hund Freude haben. Überforderung bremst jedes gute Ergebnis.

In der nächsten Ausgabe:
Teil 2: Alles über Polizei-, Drogen- und Therapiehunde