SOS im Alltag – Wenn Bello & Co. Erste Hilfe brauchen

Schnell ist etwas passiert. Bei einem harmlosen Spaziergang, einer plötzlichen Rauferei oder einem unvorhersehbaren Unfall. Kein Hundebesitzer ist davor gefeit, dass er bei seinem Vierbeiner Erste Hilfe leisten muss. Für diese Fälle sollte man gerüstet sein, damit man in der Not nicht die Nerven verliert und die nötigen Handgriffe auch richtig sitzen. Erste Hilfe kann unter Umständen das Leben des Tieres retten und bleibende Schäden verhindern.

Notfälle ereignen sich meistens in der Nacht, am Wochenende, wenn es regnet, schneit oder extrem heiß ist. Und meist auch dann, wenn weit und breit kein Mensch zu sehen ist, der einem zur Seite stehen könnte. In solch einer Situation ist es wichtig, gut organisiert und vorbereitet zu sein. Wie bei der Ersten Hilfe für den Menschen gilt auch beim Vierbeiner die Devise: Ruhe und Nerven bewahren. Man sollte für alle Eventualitäten gerüstet sein und versuchen, möglichst positiv zu denken.

Wichtigster Teil der Vorbereitung für den Ernstfall ist der Tier-Verbandskasten. Im Idealfall befindet sich einer zu Hause und ein zweiter im Auto. Wer im Wagen stets auch eine Decke hat, ist für widrige Fälle bestens gerüstet. Die Decke eignet sich nicht nur als Kälteschutz, sondern auch als „Tragegerät“ für verletzte Hunde. Mithilfe der Decke und einer zweiten Person kann im Notfall das Tier transportiert werden. „Im Zeitalter des Handys sollten Sie die Telefonnummer Ihres Haustierarztes ebenso wie die der Auskunft Ihres Netzbetreibers schon vorab fest einspeichern. Erkundigen Sie sich jedoch auch, wie Ihr Tierarzt im Notfall außerhalb der Sprechzeiten zu erreichen ist“, empfiehlt Dr. med. vet. Anne Warrlich in ihrem Buch „Erste Hilfe für meinen Hund“ (GU-Verlag). Um ganz sicher zu gehen, sollte man einen Zettel mit allen wichtigen Telefonnummern auch in die Tierapotheke und in das Auto legen.

Wenn es passiert ist

Wurde das Tier bei einer Rauferei oder einem Unfall verletzt, rufen Sie sofort die Tierrettung oder den Tierarzt. Bis zum Eintreffen fremder Hilfe, versuchen Sie, Ihrem Gefährten Erste Hilfe zu leisten. Nähern Sie sich dem Vierbeiner ruhig und vorsichtig. Der Hund könnte unter Schock stehen und starke Schmerzen haben – und sofort zubeißen. Ein verletzter Hund kann ganz anders reagieren, als Sie es von ihm gewohnt sind. Also ruhig auf ihn einreden und ihn sanft berühren. Keinesfalls aber sollte man aufmunternd auf ihn einklopfen. Will das verstörte Tier herumlaufen, versuchen Sie, es auf engem Raum in der Bewegung einzuschränken. Am besten anleinen und den Maulkorb anlegen. Ist der Maulkorb nicht zur Hand oder der Hund an der Schnauze verletzt, sollte ihm die Schnauze zugebunden werden, empfehlen Fachleute als Vorsichtsmaßnahme, um das Gebiss des Hundes außer Gefecht zu setzen. Richtig durchgeführt, hat die Maßnahme keinerlei Einfluss auf die Atmung (Ausnahme beim Hecheln), weil das Schnauzband auf dem knöchernen Teil der Nase verläuft und auf diese Weise nicht die Luft abschnüren kann.

So wird’s gemacht: Mit einer Binde, einem Strick, der Leine oder einer Krawatte eine Schlinge formen und über die Schnauze des Hundes bis kurz vor die Augen legen (den Knoten nach oben). Nun die Schlinge fest zuziehen, damit der Hund das Maul nicht mehr öffnen kann. Die beiden losen Enden werden unter dem Maul überkreuzt, hinter den Ohren wieder nach oben geführt und dort verknotet (siehe Abbildung). Als Abschluss am besten eine Schleife binden, damit der Hund später rasch aus seiner Lage befreit werden kann.

Diese Maßnahme empfiehlt die Tierärztin Anne Warrlich bei misstrauischen Hunden, bei jenen, die sich von Fremden nicht anfassen lassen, bei Hunden mit schmerzender Verletzung (sie könnten beißen) sowie bei fremden Hunden.

Nicht geeignet bei: Bewusstlosigkeit, Atemnot (der Hund muss hecheln können) und Erbrechen.

Man kann einen Hund nur helfen, wenn man ihn unter Kontrolle hat. Verletzte Hunde geraten jedoch leicht in Panik. „Sie versuchen, vor dem Schmerz wegzulaufen und sich zu verstecken. Deshalb müssen Sie einen verletzten Hunde als Erstes anleinen“, erläutert Anne Warrlich. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass der Hund sein Halsband nicht über den Kopf streifen kann. Die Leine am Halsband befestigen und zwei- bis dreimal um einen fest verankerten Gegenstand wickeln.

Wenn der Hund nicht liegen bleibt

Manchmal muss ein verletztes Tier in Seiten- oder Rückenlage gebracht werden. Ist der Hund durch Befehle nicht dazu zu bringen, gibt es einen Trick, ihn zu überlisten. Sie stehen oder knien vor der Flanke des Hundes und beugen sich über ihn. Fassen Sie über den Rücken hinweg das Vorder- und Hinterbein der Ihnen zugewandten Seite. Das Beinpaar ziehen Sie unter dem Körper des Hundes hindurch, bis er auf Ihre Seite kippt. Mit Ihren Schenkeln und dem Oberkörper stützen Sie den Hund ab und lassen ihn sanft zu Boden gleiten. Um den Hund am Aufstehen zu hindern, halten Sie seine unten gelegenen Beine gestreckt. In dieser Position kann er nicht mehr aufstehen.

Untersuchung des Patienten

Jetzt können Sie das Tier in aller Ruhe untersuchen und seine Funktionen überprüfen: Die Atmung eines Hundes gibt Aufschluss über seine Sauerstoffversorgung. Bei der Atmung sieht man das Heben und Senken sowohl der Rippen als auch des Bauchs. Die Atemfrequenz beim Hund beträgt im Normalfall 15 bis 40 Atemzüge pro Minute (je kleiner der Hund, desto höher die Atemfrequenz). Zählen Sie eine halbe Minute lang, wie oft der Brustkorb sich hebt. Verdoppeln Sie diesen Wert und Sie erhalten die Atemfrequenz pro Minute.

Hat das Tier schon große Mühe mit der Atmung, sollte grundsätzlich versucht werden, den Vierbeiner so rasch wie möglich in eine Klinik zu transportieren. Ganz wichtig dabei ist: Ruhe bewahren und jede weitere Aufregung und Stressbelastung für den verletzten Hund vermeiden. Nur wenn die Atemwege frei sind, kann Sauerstoff in die Lungen gelangen. Eine weitere Behandlung ist erst sinnvoll, wenn die Atemwege freigelegt sind. Deshalb sollte man bei auffälliger Atmung des Tieres zunächst die Maulöffnung untersuchen und eventuelle Fremdkörper entfernen. Schwer verletzte Hunde neigen zu Erbrechen. Erbrochene Futterreste oder andere Fremdkörper können vor dem Kehlkopf liegen und die Atemwege blockieren. Sie müssen entfernt werden, da sonst keine Wiederbelebungsmaßnahme helfen kann. Dazu das Maul des Hundes öffnen und die Zunge herausziehen, und zwar so weit wie möglich, um feststellen zu können, dass kein Speisebrei vor dem Kehlkopf ist. Fremdkörper mit den Fingern entfernen.

Mund-Schnauze-Beatmung

Wenn keine Atmung mehr feststellbar ist, hilft nur noch die Mund-zu-Nase-Beatmung (vorher unbedingt Atemwege freimachen). Das Gehirn darf nicht länger als vier bis sechs Minuten ohne Sauerstoff sein, sonst treten dauerhafte Schäden auf. Dabei wird das Maul des Hundes zugehalten und Luft in seine Nase eingeblasen. „Viele Menschen ekeln sich schon bei der Vorstellung daran“, weiß Tierärztin Warrlich aus Erfahrung und rät, als hygienische Barriere ein Taschentuch zu verwenden, das man zwischen den eigenen Mund und die Hundenase legen kann.

So funktioniert die künstliche Beatmung: Die Hundeschnauze wird mit einer oder beiden Händen umfasst und fest verschlossen. Dies ist nötig, damit möglichst wenig Luft durch die Lefzen entweicht. Zudem schützt der Griff vor Verletzungen, wenn der Hund nach erfolgreicher Beatmung plötzlich hochschreckt. Den Kopf des Hundes strecken und die Lippen direkt an der Hundenase ansetzen und Luft in die Nase einblasen. Und zwar so lange, bis sich der Brustkorb des Tieres erkennbar hebt. Die Ausatmung geschieht passiv von alleine. Man muss also nicht zusätzlich auf den Brustkorb drücken. Die Beatmung etwa alle drei Sekunden wiederholen, bis der Hund wieder von selbst atmet. Zeigt sich nach zehn Minuten kein Lebenszeichen, können Sie leider nicht mehr helfen und die Beatmung einstellen.

Blutungen stillen

Zunächst den Ort der Blutung lokalisieren und die betroffene Stelle mit viel klarem, kalten Wasser reinigen. Bei Hunden mit sehr langem, dichten Fell um die Verletzung herum die Haare vorsichtig mit der Verbandsschere abschneiden. Wenn Sie ein entsprechendes Mittel bei sich haben, die Wunde desinfizieren (am besten mit einer Wasserstoffperoxid-Lösung aus der Tierapotheke). Die Wunde mit einer Mullkompresse abdecken und verbinden.

Bei starken, großflächigen und spritzenden Blutungen ist es erforderlich, mit der Hand (samt Stoffstücken oder Mullbinden) Druck auszuüben, um die Blutung zu stoppen. Aber nicht reiben oder tupfen, denn dies verstärkt die Blutung. Passiert die Verletzung zu Hause, könnten Sie auch Eis auf die Wunde legen. Für kurze Zeit sollte in diesen Fällen ein fester Druckverband angelegt werden. Entfernen Sie nach zehn Minuten den Druckverband und kontrollieren Sie, ob die Blutung zum Stillstand gekommen ist. Nur bei anhaltender Blutung erneut einen Druckverband anlegen.

So wird der Druckverband gemacht: Auf die blutende Stelle eine sterile Mullkompresse legen, im Idealfall mit weiteren Lagen von Kompressen polstern und diese mit einer elastischen Binde aus der Tierapotheke befestigen. Die Binde fest anziehen und den Verband mit einer Schlinge abschließen. Die Schlinge so fest wie möglich zuziehen. Bereits nach kurzer Zeit tritt keine Blut mehr aus der Wunde aus.

Wichtig: Den Druckverband keinesfalls länger als 30 Minuten auf der Wunde belassen, da sonst das umliegende Gewebe abstirbt. So schnell wie möglich zum Tierarzt. Dauert es länger, zwischendurch Druckverband für eine Weile lösen und bei starker Blutung erneut anlegen.

Erste Hilfe bei Knochenbrüchen

Ist etwas gebrochen, erkennt man dies durch ungewöhnliche Beweglichkeit der Extremitäten oder dadurch, dass der Hund nicht auftritt und stark lahmt. Und auch, wenn das Tier starke Schmerzen zeigt, die betroffene Stelle angeschwollen ist oder knirscht. Unnatürliches Herabhängen von Gliedmaßen ist ebenfalls ein Hinweis auf Knochenbruch. Diese sollten vorübergehend fixiert werden. Im Notfall und wenn nichts anderes verfügbar mit zwei Stäben oder Ästen, einem zerrissenen T-Shirt oder auch einer zusammengerollten Zeitung. Eine Fixierung führt zur Schmerzlinderung und verhindert die Gefahr von zusätzlichen Weichteilverletzungen.

Ein geschienter Verband muss immer die dem Bruch benachbarten Gelenke mit einbeziehen. Liegt die Bruchstelle oberhalb von Ellenbogen- oder Kniegelenk, kann nicht geschient werden.

So wird’s mit der Tierapotheke gemacht: Zuerst eventuelle offene Wunden mit Mullkompressen abdecken. Dann mit einigen Lagen Watte (oder T-Shirt, Hemd, Pulli) das gesamte Bein gut polstern, die Schiene unter das Bein legen und alles mit einer elastischen Binde umwickeln. Die Binde gleichmäßig stramm anziehen. Schienenverbände sollten fest sitzen, weil rutschende Schienen mehr Schaden anrichten können als sie nutzen. Schienen aus gerolltem Zeitungspapier sind besonders gut, weil sie gleichzeitig weich, nachgiebig und stabil sind.

Ist das Tier erstversorgt, sollte es so rasch wie möglich – unter minimaler Stressbelastung – in die nächste Tierklinik oder zum Tierarzt transportiert werden. Es ist also ganz wichtig, dass Herrchen oder Frauchen weiterhin Ruhe bewahren, um den Vierbeiner nicht noch mehr aufzuregen.